Nach einer vom IKRK durchgeführten Luftlandung im Bundesstaat Unity, Südsudan, sammeln Frauen Hilfsgüter wie Sorghum und Öl ein. 2014, Jacob Zocherman/IKRK.

Gleichstellung der Geschlechter und Krieg: "Keine Menschlichkeit, Würde und Frieden, solange das humanitäre Völkerrecht nicht für alle Geschlechter geachtet wird"

Im Vorfeld des Internationalen Frauentags sprach Mirjana Spoljaric, die erste weibliche Präsidentin in der 160-jährigen Geschichte des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, an der Columbia University in New York über die humanitären Folgen bewaffneter Konflikte für Frauen und Mädchen und die Rolle, die das humanitäre Völkerrecht spielen kann, um zu verhindern, dass sich die Kluft zwischen den Geschlechtern weiter vergrössert.
Statement 03. März 2023 Vereinigte Staaten von Amerika

Rede von Mirjana Spoljaric, Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz zu Frauen, Konflikten und dem humanitären Völkerrecht. Columbia University Law School, 3. März 2023

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen

Vor fünf Monaten habe ich mein Amt als Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz angetreten.

Es ist ein Privileg und eine Herausforderung, diese Organisation durch diesen Moment in der Geschichte zu führen:

In einer Zeit, in der der internationale bewaffnete Konflikt zwischen Russland und der Ukraine die politische Lage dominiert.

In einer Zeit, in der bewaffnete Gewalt in über 100 Situationen weltweit mit anhaltender Zerstörung und anhaltendem Leid andauert.

Wir erleben weltweit eine Zeit wieder aufkeimender Gräben.

Konflikte verleugnen die Menschlichkeit – basierend auf ethnischer Abstammung, Religion, Klasse oder Geschlecht.

Sie kehren die hart erkämpften Fortschritte der gesellschaftlichen Entwicklung um – einschliesslich der Gleichstellung der Geschlechter.

Es ist kein Zufall, dass die Gewalt dort zunimmt, wo Rechte für Frauen und Mädchen abnehmen. Wo Konflikte andauern, wird die Gleichstellung von Frauen und Mädchen untergraben.

Als erste Präsidentin in der 160-jährigen Geschichte des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz werde ich häufig nach meiner Meinung zu diesen Themen gefragt.

Ich möchte heute einige meiner Gedanken mit Ihnen teilen.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz ist eine unabhängige, neutrale Organisation, die weltweit im Einsatz ist, um das Leid von Betroffenen bewaffneter Konflikte und anderer Situationen von Gewalt zu lindern. Sie ist von der Staatengemeinschaft und im Rahmen der Genfer Abkommen damit beauftragt, die Wahrung des humanitären Völkerrechts zu fördern.

Diese Abkommen gewährleisten ein Mindestmass an Menschlichkeit in Konflikten. Kurz gesagt: Die Zivilbevölkerung sowie humanitäre Helferinnen und Helfer dürfen nicht angegriffen werden; Menschen dürfen nicht vergewaltigt, gefoltert oder hingerichtet werden; Spitäler oder Schulen dürfen nicht angegriffen werden; illegale Waffen dürfen nicht verwendet werden; Menschen in der Gewalt anderer dürfen nicht diskriminiert werden.

Dies sind die Grundsätze, für die Konfliktparteien zur Verantwortung gezogen werden müssen. Doch selbst diese Mindeststandards werden in vielen Konflikten missachtet.

In den letzten Monaten habe ich die Einsätze des IKRK in der Ukraine, Syrien, Äthiopien und Mali besucht, um den Menschen zuzuhören, die tagtäglich mit den Auswirkungen von Konflikten leben.

Es ist klar, dass die Zivilbevölkerung leidet, wenn gegen das humanitäre Völkerrecht verstossen wird. Und es sind die Menschen, die bereits am Rande der Gesellschaft leben oder machtlos sind, die am meisten leiden.

Bei einem meiner jüngsten Besuche konnte ich mir ein persönliches Bild von den schrecklichen – und miteinander verwobenen – Ereignissen machen, denen Frauen in Konflikten ausgesetzt sind:

In einer kaum funktionsfähigen Klinik lagen mehrere junge Frauen – ehemalige zum Kämpfen rekrutierte Soldatinnen – mit schweren Verletzungen, die eine Amputation von Gliedmassen erforderlich machten.

Diese Frauen waren auch Opfer von Vergewaltigungen geworden. Sie waren schwanger und müssen die Kinder nun an einem Ort zur Welt bringen, wo es kaum medizinische Versorgung gibt. Stigmatisierung und ein Gefühl der Schande führen dazu, dass ihre Familien sie verstossen haben.

Die schiere Verzweiflung dieser Situation ist schockierend.

Aber das ist das Antlitz von Frauen im Krieg. Ein Antlitz, das allzu oft nicht beachtet wird und zu schwach vertreten ist.

Warum übermittelt das Militär oft Zahlen über Tote oder Verletzte, stellt aber keine verlässlichen Zahlen über Fälle sexueller Gewalt in Konflikten bereit?

Diese Verbrechen können unvermindert weitergehen, weil wir nicht offen und sachlich über diese Themen sprechen können.

In internationalen Foren werden die geschlechtsbedingten Auswirkungen von Konflikten zunehmend anerkannt, darunter im Rahmen mehrerer Veranstaltungen, die in der kommenden Woche hier in New York stattfinden, darunter bei Tagungen der UN-Frauenrechtskommission und im Rahmen der Agenda für Frauen, Frieden und Sicherheit des UN-Sicherheitsrats.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz beobachtet diese Auswirkungen in seinen Einsätzen:

• In Konfliktsituationen sterben Frauen während der Geburt.
• Mädchen fehlen häufiger im Unterricht als Jungen. Sie werden verkauft oder zur Ehe gezwungen, weil Familien Entscheidungen treffen müssen, wie sie überleben oder wer überhaupt überleben wird.
• Frauen haben meist weniger finanzielle Mittel zur Verfügung, um mit Verletzungen, Sachschäden und Einkommensverlusten zurechtzukommen. Sie haben auch mehr Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung.
• Frauen sind in Entscheidungspositionen zur Bereitstellung humanitärer Hilfe weniger vertreten.
• Sexuelle Gewalt ist Konflikten weiterhin inhärent, wirkt sich unverhältnismässig auf Frauen und Mädchen aus und zerstört ihr Leben und ihre Würde.

Geschlechtsbedingte Ungleichheit bremst Frauen und Mädchen am meisten aus, schadet aber allen – Jungen, die als Kämpfer rekrutiert werden, oder Personen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität angegriffen werden.

Wie können wir es schaffen, dass die universellen Werte von Menschlichkeit, Würde und Gleichberechtigung für alle Menschen gelten?

Es gibt mehrere Möglichkeiten.

Erstens steht das humanitäre Völkerrecht im Zentrum des Schutzes aller Betroffenen von Konflikten. Dies bedeutet, dass Frauen, Männer, Jungen und Mädchen gleichermassen geschützt sind.

Ich kann es nicht genug betonen: Konfliktparteien haben die Macht, geschlechtsspezifische Schäden zuzufügen oder abzufedern. Es sind Staaten und Waffenträger, die Gewalt ausüben, Entscheidungen treffen und Ressourcen verteilen.

Folglich haben sie auch die Macht, der Zunahme von Ungleichheit in der Gesellschaft entgegenzuwirken.

Die Wahrung des humanitären Völkerrechts verbessert die Lage aller von bewaffneten Konflikten betroffenen Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht. So werden auch enorme Schäden verhindert, die sich aus Verstössen gegen die Regeln ergeben, und es wird ein Beitrag dazu geleistet, Stabilität wiederherzustellen und Gesellschaften zu versöhnen.

Wir dürfen nie vergessen, dass das humanitäre Völkerrecht den Grundsatz der Nichtdiskriminierung enthält, wonach Diskriminierung aufgrund von ethnischer Abstammung, Hautfarbe, Geschlecht, Religion, Wohlstand oder anderem verboten ist.
Die wirksame Umsetzung dieser Verpflichtung erfordert jedoch spezifische Ressourcen und technische Expertise bei denjenigen, die in einem Konflikt Entscheidungen treffen.

Es erfordert den politischen Willen der Vertragsstaaten der Genfer Abkommen, ihr eigenes Verhalten zu hinterfragen – und ernsthaft zu prüfen, ob ihre Streitkräfte in der Lage sind, die gesamte Zivilbevölkerung zu schützen, einschliesslich der am stärksten gefährdeten Personen, darunter häufig Frauen und Mädchen.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz bringt militärisches Fachpersonal, humanitäre Helferinnen und Helfer sowie Akademikerinnen und Akademiker zusammen, um folgende Fragen zur Gleichstellung der Geschlechter und zum humanitären Völkerrecht zu prüfen:

• Wie kann militärisches Verhalten Menschen dem Risiko sexueller Gewalt aussetzen?
• Wie kann ihr Verhalten während einer Besatzung dazu beitragen, Ungleichheiten zu verstärken?
• Wie werden Haftanstalten geführt, wenn Frauen untergebracht werden müssen?

Dinge werden sich dann verändern, wenn Staaten eine konkrete Verpflichtung eingehen, geschlechtsspezifische Aspekte bei der Auslegung und Anwendung des HVR einzubeziehen. Allerdings haben sich nur wenige Staaten ausdrücklich dazu verpflichtet.

Fehlende Daten zu Geschlechtergleichstellung und geschlechtsspezifische Vorurteile bei der Planung und Durchführung militärischer Operationen behindern ebenfalls entsprechende Fortschritte.

Es macht einen Unterschied, wenn Frauen mit am Tisch sitzen – ihre Beteiligung an der Auslegung und Anwendung des HVR erweitert für alle die Perspektive. Von entscheidender Bedeutung ist auch, dass Befehlshabenden Beratungskräfte mit Kenntnissen im Bereich Geschlechtergerechtigkeit an die Seite gestellt werden.

Zweitens sind zunehmende geschlechtsbedingte Ungleichheiten ein Alarmsignal, das nicht zu vernachlässigen ist. Je grösser die Ungleichheit, desto grösser die Instabilität und die Wahrscheinlichkeit, dass Konflikte ausbrechen oder sich verschärfen.

Die Beweise dafür sind eindeutig: Frieden ist möglich, wenn alle Menschen gleichermassen respektiert werden, keinen körperlichen und geistigen Schaden erfahren und vollen Zugang zu wirtschaftlichen Möglichkeiten haben.

Dieser Logik folgend ist die Gleichstellung der Geschlechter ein Zeichen für Frieden und Sicherheit.

Eine Analyse der Auswirkungen geschlechtsbedingter Ungleichheit und von Gleichstellungsnormen ist wichtig, um die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs von Gewalt auf nationaler oder internationaler Ebene, die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs von Friedensverhandlungen und sogar die Verbindung zu extremer Gewalt zu verstehen.

Oftmals gehören Frauen kaum oder gar nicht zu den Krieg führenden Entscheidungsträgern.

Trotz der tödlichen und unverhältnismässigen Auswirkungen von Konflikten auf Frauen steht das Thema Geschlechtergleichstellung ganz unten auf der Agenda und wird in den Dringlichkeiten eines Konflikts als unangenehm oder belanglos angesehen.
Allerdings beeinflusst alles, was vor und während eines Konflikts geschieht, das Ergebnis des Konflikts.

Wie sollen Frauen ihren Platz in der Gesellschaft einnehmen, wenn sie nicht Teil des Arbeitsmarktes sind, im Fall von Krankheit oder Verwundung keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben, mit physischen und psychischen Narben sexueller Gewalt leben müssen oder verarmt sind?

Es ist daher entscheidend, dass Frauen ihren Platz nicht nur einnehmen, um die Statistik zu verbessern, sondern auch echte Möglichkeiten bekommen, ihre Gemeinschaften zu vertreten.

Nur diejenigen, die die Ressourcen kontrollieren, können letztendlich Einfluss nehmen, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden.

Drittens müssen wir alle unseren Teil beitragen.

Der Stachel geschlechtsbedingter Ungleichheit steckt in Strukturen, Institutionen und Individuen. Das heisst in unseren Häusern, an unseren Arbeitsplätzen, auf unseren Schlachtfeldern.

Wir alle spielen eine Rolle dabei, unsere eigenen Überzeugungen hinsichtlich der Wurzeln dieses Problems zu hinterfragen.

Ich habe vorhin über die Macht der Staaten und Konfliktparteien als Akteure gesprochen, die Leid zufügen oder abfedern können.

Sie tragen die Verantwortung für die Wahrung des humanitären Völkerrechts und die Schaffung nachhaltiger Lösungen. Aber auch humanitäre Organisationen haben die Macht und die Verantwortung, dem Leid, das im Rahmen geschlechtsbedingter Ungleichheit entsteht, entgegenzuwirken.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz arbeitet im Einklang mit den grundlegenden humanitären Grundsätzen, die einen ethischen und operativen Handlungsrahmen bieten; die Wahrung dieser Grundsätze bestimmt, wie wir die Perspektive der Geschlechtergerechtigkeit in unsere Arbeit integrieren.

Der Grundsatz der Menschlichkeit stellt die Existenzberechtigung der humanitären Arbeit dar und verlangt vom IKRK, Leben zu schützen, menschliches Leben zu achten sowie menschliches Leid zu verhindern und zu lindern, wo immer es entsteht.
Natürlich können wir den Grundsatz der Menschlichkeit nur dann entsprechend wahren, wenn wir uns kontinuierlich für die Rechte und die Würde aller Menschen einsetzen.

Der Grundsatz der Unparteilichkeit leitet uns daher an, Leid allein auf Grundlage der Bedürfnisse zu lindern.

Ohne Geschlechtergerechtigkeit können wir Unparteilichkeit nicht gewährleisten: Sie ermöglicht es uns, die enormen und vielfältigen humanitären Bedürfnisse der Menschen, für die wir uns einsetzen, zu sehen und zu verstehen. Dies ist ein wesentlicher Aspekt unserer Arbeit, den wir bisher noch nicht vollständig berücksichtigen.

Der humanitäre Sektor hat erst in den späten 1980er-Jahren damit begonnen, sich auf die ureigenen Bedürfnisse und Erfahrungen von Frauen, die sich von denjenigen von Männern unterscheiden, zu konzentrieren. Zuvor war die vorherrschende Meinung, dass humanitäre Massnahmen „ausserhalb" geschlechtsspezifischer Normen und Dynamiken konzipiert und umgesetzt werden können.

Heute ist genau das Gegenteil der Fall. Es ist nun klar, dass Antworten, welche eine geschlechtsbedingte Ungleichheit nicht berücksichtigen, aller Wahrscheinlichkeit nach geschlechtsspezifische Diskriminierung und andere Benachteiligungen verstärken werden.

Im Zentrum stehen ein aussagekräftiger und würdevoller Zugang zu sowie die aktive Beteiligung von Menschen, die von Krisen betroffen sind. Wir setzen unseren Fokus neu, damit Frauen wie Männer als aktive Akteurinnen und Akteure sowie als vorrangige Expertinnen und Experten ihres Lebens anerkannt werden.

Frauen und Mädchen müssen gesehen, gehört und besser in die Lage versetzt werden, Entscheidungen und Aktionen, die sie selbst betreffen, zu beeinflussen und zu unterstützen. Den Anfang machen dabei unsere humanitären Programme.

Der Grundsatz der Neutralität ist der dritte wichtige Grundsatz, den das Internationale Komitee vom Roten Kreuz verfolgt.

Die Verpflichtung des IKRK zu Neutralität und sein Bekenntnis dazu bedeuten, dass wir in einem Konflikt nicht Partei ergreifen und den Kontakt mit allen Konfliktparteien aufrechterhalten.

Neutralität ist ein praktisches Instrument, mit dem wir den Zugang zu den von Konflikten betroffenen Menschen an besonders schwer zu erreichenden Orten verhandeln können. Mit ihr können wir das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen und unsere Einsätze auf beiden Seiten der Frontlinien sicher durchführen.

Als neutrale Organisation beziehen wir keine Stellung zu politischen, militärischen oder ideologischen Fragen. Dies hat uns bei unseren Bemühungen nie gehindert, von bewaffneten Konflikten betroffene Menschen zu erreichen und ihr Leid sowie die Schäden zu lindern, denen sie infolge machtpolitischer Dynamiken ausgesetzt sind.

Das IKRK besitzt inzwischen ein besseres Verständnis für die tiefgreifenden und schädlichen Auswirkungen geschlechtsbedingter Ungleichheit in Konfliktsituationen. Wir sehen, wie wichtig es ist, unsere Programme entsprechend zu gestalten.

Antworten, die geschlechtsbedingte Ungleichheiten nicht berücksichtigen, werden aller Wahrscheinlichkeit nach geschlechtsspezifische Diskriminierung und andere Benachteiligungen verstärken.

Menschlichkeit, Unparteilichkeit und Neutralität.

Diese drei Grundsätze veranlassen uns, dass wir uns allein auf die Seite der Betroffenen bewaffneter Konflikte und Gewalt stellen, unabhängig davon, ob es sich um Männer, Frauen oder Kinder handelt.

Sie leiten auch unsere Arbeit, geschlechtsbedingten Auswirkungen von Konflikten im Einklang mit unserem Engagement für Menschlichkeit entgegenzuwirken.

Es ist nicht einfach: Wir bringen geschlechtsspezifische Normen in unsere Unternehmenskultur und Personalbesetzung ein.

Wie wir uns entscheiden, unsere eigene Macht zu nutzen, wird die geschlechtsbedingten Normen und Dynamiken für die Menschen, für die wir uns einsetzen, beeinflussen. Wen stellen wir ein? An wen wenden wir uns, wenn es um die Erfüllung der dringendsten Bedürfnisse geht?

Es liegt in unserer Verantwortung, dafür zu sorgen, dass wir die Nachteile für Frauen, Mädchen und andere marginalisierte Gruppen – auch unbeabsichtigt – nicht verschärfen.

Genau das bedeutet für uns, „keinen Schaden zuzufügen", und es ist die Bedingung, dass wir für die Menschen, für die wir uns einsetzen, eine glaubwürdige und vertrauenswürdige humanitäre Organisation bleiben.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Studierende

Ich möchte mit einem Gedanken dazu abschliessen, wo wir heute stehen.

Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird es schätzungsweise 132 Jahre dauern, bis wir geschlechtsbedingte Ungleichheit weltweit überwinden.

Diese Ungleichheit in Bezug auf wirtschaftliche und politische Mitwirkung, das Bildungsniveau sowie Gesundheitsversorgung und das Überleben selbst ist im Rahmen der Konflikte, in denen das IKRK im Einsatz ist, besonders ausgeprägt.
Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht verschärfen diese Ungleichheit weiter.

Konfliktparteien müssen das humanitäre Völkerrecht wahren, um zu verhindern, dass sich geschlechtsbedingte Ungleichheit weiter vergrössert.

Es wird weder Menschlichkeit noch Würde und Frieden geben, solange diese nicht für Menschen jedes Geschlechts gewahrt werden. Internationale Sicherheit kann immer nur menschliche Sicherheit sein. Und diese umfasst die Sicherheit von Männern, Frauen, Jungen und Mädchen gleichermassen.

Als Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz werde ich immer darauf bestehen, dass die Wahrung des humanitären Völkerrechts der einzige Weg ist, ein Minimum an Menschlichkeit aufrechtzuerhalten und letztlich den Weg zurück zu Frieden und Wohlstand zu ebnen.

Die Rechnung ist ganz einfach: Die Wahrung des humanitären Völkerrechts ist gleichbedeutend mit der Wahrung der Würde von Frauen und Männern gleichermassen.

Der Schutz derjenigen, die am meisten diskriminiert und entmenschlicht werden – sehr oft Frauen und Mädchen –, bildet den Kern der Wahrung des Rechts als Weg zu Frieden.

Vielen Dank.