Erklärung

Erklärung von Dominik Stillhart nach seinem Besuch in Somalia

Mit schwerem Herzen habe ich meinen Besuch in Somalia heute beendet. Als ich das Land vor dreissig Jahren zum ersten Mal besuchte, konnte ich mir nicht vorstellen, dass der bewaffnete Konflikt, der so viel Schmerz und Verwüstung verursacht hat, drei Jahrzehnte später immer noch andauern und Leben und Lebensgrundlagen zerstören würde. Eine ganze Generation ist seither erwachsen geworden und hat ihre Kinder grossgezogen, ohne einen einzigen Tag des Friedens erlebt zu haben.

Die Krise in Somalia ist eine der langwierigsten in der Region. Umso beunruhigender ist es, dass wir nicht sehr oft davon hören. Es scheint, dass die Welt diese unhaltbare Situation, die sich immer weiter verschlimmert, als normal akzeptiert.

Für mich ist der Konflikt in Somalia nicht normal, und die Welt kann ihn nicht als normal akzeptieren.

Ich habe Menschen getroffen, die alles verloren haben, ausser der Hoffnung, dass ihre Kinder eines Tages in einem friedlichen Land leben werden. Es ist schmerzlich, die Zeugnisse derer zu hören, die aus ihrer Heimat geflohen sind, die ihre Lebensgrundlage verloren haben und darum kämpfen, Essen auf den Tisch zu bringen. Die Zahlen, die das ganze Ausmass des Leids zeigen, sind unerträglich. Nahezu 3 Millionen Menschen sind auf der Flucht, fast 1,6 Millionen leiden unter grosser Ernährungsunsicherheit und etwa drei Viertel der Bevölkerung leben von weniger als 2 US-Dollar pro Tag.

Während Somalia weiterhin mit den Herausforderungen zu kämpfen hat, die durch einen langwierigen Konflikt entstanden sind, muss es sich ausserdem neuen Herausforderungen stellen, die unsere Zeit hervorgebracht hat. Somalia ist eines der am stärksten vom Klimawandel bedrohten Länder und gleichzeitig eines der am wenigsten darauf vorbereiteten. Dürren und Überschwemmungen sind so häufig geworden, dass die Menschen kaum Zeit haben, sich zu erholen, bevor die nächste Krise kommt. Dies gilt umso mehr, wenn sie mit Vertreibung und anderen Härten konfrontiert sind. Gleichzeitig hat der Konflikt die Regierungsführung und die Institutionen, die Wirtschaft und den sozialen Zusammenhalt in Mitleidenschaft gezogen, so dass die Fähigkeit des Landes, die Krise zu bewältigen, eingeschränkt ist.

In den vergangenen 30 Jahren hat das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in Somalia viele schwere Momente erlebt; wir haben engagierte Kollegen verloren, die schmerzlich vermisst werden. Während Menschen dringend humanitäre Hilfe benötigen, ist der Raum für neutrale und unparteiische humanitäre Massnahmen nach wie vor äusserst begrenzt.

Mit unseren Partnern der Somalia Red Crescent Society müssen wir gemeinsam oft feststellen, dass die bedürftigsten Gemeinschaften auch diejenigen sind, die am schwersten zu erreichen sind und am meisten vernachlässigt werden. Auch deshalb werde ich nie aufhören zu betonen, wie wichtig es ist, die humanitäre Hilfe aus der Politik herauszuhalten, und werde auch weiterhin alle Beteiligten auffordern, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um den Zugang für humanitäre Hilfe zu erleichtern.

 

Weitere Informationen:

Abdikarim Mohamed Abdullahi, mabdikarim@icrc.org, M. +2547701717256
Alyona Synenko, IKRK Nairobi, asynenko@icrc.org M. +254716897265