Humanitäres Völkerrecht und Richtlinien über

Kulturgüter

Kulturgüter sind in bewaffneten Konflikten völkerrechtlich geschützt. Dieser Schutz ergibt sich aus dem Grundsatz im Haager Abkommen von 1954, dass „jede Schädigung von Kulturgut, gleichgültig welchem Volke es gehört, eine Schädigung des kulturellen Erbes der ganzen Menschheit bedeutet“.

The Sankoré mosque in Timbuktu, Mali.

Kulturgut und humanitäres Völkerrecht

Kulturgut ist in Kriegen auf zwei Arten geschützt. 

Da es normalerweise ziviler Natur ist, sind zunächst die allgemeinen Bestimmungen des humanitären Völkerrechts (HVR) zum Schutz ziviler Güter anwendbar. 

Zusätzlich wurde im Haager Abkommen von 1954 durch die Anerkennung des Kulturguts aller Völker ein spezifischer Schutz von Kulturgütern im Krieg verankert, der durch die Zusatzprotokolle von 1977 ergänzt wurde. Zudem ist es Teil des Völkergewohnheitsrechts geworden. 

Traurige Realität ist jedoch, dass zahlreiche Kunstwerke im Laufe der Jahrhunderte verloren gegangen und Kulturstätten in Kriegen beschädigt oder zerstört worden sind. Obwohl es schon in frühen Zeiten der Zivilisation Formen eines gewohnheitsrechtlichen Schutzes gab, veranlasste die im Zweiten Weltkrieg verursachte Zerstörung die internationale Gemeinschaft dazu, zu handeln und einen spezifischen rechtlichen Schutz zu schaffen. 

Gemäss dem Haager Abkommen von 1954 muss jeder Staat seine eigenen Kulturgüter vor bewaffneten Angriffen schützen. Dies kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass solche Güter aus der Umgebung möglicher oder tatsächlicher militärischer Handlungen entfernt werden oder im Falle von historischen Stätten, indem keine militärischen Objekte in ihrer Nähe platziert werden. 

Parteien eines bewaffneten Konflikts dürfen keine feindseligen Handlungen gegen Kulturgut richten und müssen Schäden an Kulturgütern verhindern. Die Verwendung von Kulturgütern für militärische Zwecke ist verboten. 

Das Haager Abkommen anerkennt jedoch Situationen, in denen ein Angriff auf Kulturgut rechtmässig ist, nämlich, wenn es in ein militärisches Objekt verwandelt wurde und eine militärische Notwendigkeit eine feindselige Handlung „zwingend erfordert“. 

Besatzungsmächte müssen unter ihrer Kontrolle stehendes Kulturgut vor Diebstahl, Plünderung oder anderer widerrechtlicher Inbesitznahme schützen. Falls Kulturgut zu seinem eigenen Schutz aus besetzten Gebieten entfernt wird, muss es am Ende der Feindseligkeiten zurückgegeben werden. 

Infolge von Ereignissen während des Zweiten Weltkriegs verbietet das Völkerrecht auch die Zerstörung von Kulturgut zur Einschüchterung von besetzten Völkern oder als Repressalie. 

Die Vertragsparteien des Haager Abkommens sind für die Umsetzung seiner Bestimmung und die Verankerung des Schutzes von Kulturgut in ihrer nationalen Gesetzgebung zuständig. Zudem müssen sie die Bestimmungen bei Verstössen durchsetzen. Auf internationaler Ebene hat die UNESCO eine besondere Verantwortung bei der Überwachung der Einhaltung und leistet einen Beitrag zum Schutz und zur Wahrung von Kulturgut. 

In den mehr als 60 Jahren seit der Unterzeichnung wurde durch das Haager Abkommen von 1954 ein klarer rechtlicher Rahmen gesetzt. Gestärkt wurde dieser Rahmen 1977 durch die Zusatzprotokolle zu den Genfer Abkommen, 1998 durch das Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs und 1999 durch das zweite Protokoll zum Abkommen selbst.