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Buddhismus im Krieg: Neues Buch untersucht Verbindungen zwischen Buddhismus und HVR

Genf/Bangkok (IKRK) – Heute wurde das erste, in einer gemeinsamen Initiative des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) und führenden buddhistischen Gelehrten sowie praktizierenden Fachkräften entstandene Buch zu den Überschneidungen zwischen der buddhistischen Lehre und dem humanitären Völkerrecht (HVR) veröffentlicht.

Während zahlreiche buddhistische Schriften die Vermeidung von Gewalt thematisieren, betrachten nur einige wenige, wie bei bewaffneten Konflikten buddhistische Werte gelebt und das Verhalten geregelt werden können. Diese neue englischsprachige Publikation unter dem Titel „Buddhism and International Humanitarian Law" schliesst diese Lücke.

Die Autoren zeichnen einen pragmatischen und scharfsinnigen buddhistischen Ansatz zur Verringerung von Leid in Kriegen, der zur Stützung und Förderung des HVR beiträgt. Sie sprechen auch allgemein falsche Wahrnehmungen über den Buddhismus an, beispielsweise, dass es sich um einen antimilitärischen Ansatz handelt, und sie argumentieren, dass laut buddhistischen Vorstellungen Abwehr- bzw. Verteidigungskriege gegebenenfalls notwendig sein können.

So müssen buddhistische Kämpfer buddhistische und humanitäre Ideale mit militärischen Zielen in Einklang bringen.

„Für eine Religion des Friedens stellt sich die verzwickte Frage, ob der Buddhismus auch eine Botschaft für das Verhalten im Krieg bereit hält. Die zahlreichen Artikel in diesem Buch zeigen, dass dies der Fall ist. Die in den buddhistischen Wurzeln verankerten Werte von Mitgefühl, Freundlichkeit und Toleranz tragen alle dazu bei, die wesentlichen Grundsätze des HVR – Unterscheidung, militärische Notwendigkeit, Verhältnismässigkeit und Vorsichtsmassnahmen – zu untermauern und so diejenigen zu schützen, die nicht direkt in die feindlichen Handlungen involviert sind", erklärte Vitit Muntarbhorn, Professor emeritus der Chulalongkorn Universität und derzeit UN-Sonderberichterstatter des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen, bei einer Buchbesprechung.

Da in vielen Nationen Buddhisten Teil der bewaffneten Streitkräfte sind, hat das IKRK 2017 ein Projekt zu den Überschneidungen zwischen Buddhismus und HVR auf den Weg gebracht, da dem Potenzial des Buddhismus, über das Verhalten in modernen Kriegen aufzuklären, bis anhin wenig Bedeutung beigemessen wurde.

Obwohl Buddhisten seit über 2 500 Jahren Krieg führen, werden Buddhismus und Krieg gemeinhin als nicht miteinander vereinbar angesehen; buddhistische Ressourcen, die Kriege in Grenzen halten sollen, bleiben daher oftmals ungenutzt. In einem Kapitel des Buches wird untersucht, inwieweit der Buddhismus das HVR für ein humaneres Verhalten im Krieg unterstützen kann. Es wird argumentiert, dass die grundlegenden Prinzipien der buddhistischen Ethik bedeuten, dass es im Interesse der Krieg führenden Parteien ist, den Schaden, der anderen entsteht, zu minimieren und die karmischen Folgen für sich selbst zu verringern – dies entspricht weitgehend den Grundsätzen des HVR.

„Buddhismus und das humanitäre Völkerrecht haben genau dieselbe Absicht, nämlich menschliches Leid zu verringern. Dieses vom IKRK unterstützte Buch ist der erste gemeinsame Ansatz, dies zusammenzubringen", sagte Dr. Khammai Dhammasami von der Shan State University in einer Buchbesprechung.

Das Buch enthält eine eingehende Analyse der buddhistischen ethischen Prinzipien und Leitlinien der buddhistischen Lehre für Soldaten, darunter auch deren Anwendung in der militärischen Ausbildung. Es wird deutlich, dass der Buddhismus die Wahrung von disziplinierten, rechtschaffenen und geschulten militärischen Kräften zur Verteidigung des Guten stützt.

„Sowohl der Buddhismus als auch das HVR akzeptieren die Realität von Konflikten und bemühen sich darum, einen Weg zu finden, das Leid zu verringern", erklärte Daniel Ratheiser aus der Abteilung für globale Angelegenheiten des IKRK und Mitautor des Buches. „Die buddhistische Ethik entspricht auch weitgehend den Regeln des humanitären Völkerrechts, wobei die buddhistischen psychologischen Ressourcen dazu beitragen können, das HVR zu stärken, um die Einhaltung gängiger humanitärer Normen zu verbessern. So können Achtsamkeitstechniken auch nicht buddhistischen Kämpfern helfen, indem ihre psychologische Widerstandskraft gestärkt und ihre Fähigkeiten, geschult und zurückhaltend zu kämpfen, verbessert werden."

Das Buch wurde auf Open Access publiziert und kann kostenlos heruntergeladen werden. Eine Druckversion kann bei Routledge erworben werden.

Weitere Informationen zu dieser Publikation und dem Engagement des IKRK zum Thema Buddhismus und HVR sind auf der Website des IKRK unter der Rubrik „Religion and Humanitarian Principles" erhältlich: Humanitarian Principles (nur auf Englisch).

 

Für Auskünfte

Jason Straziuso, ICRC Geneva, tel: +41 79 949 3512 or jstraziuso@icrc.org