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Demokratische Republik Kongo: Geschäfte per Velo

In der Demokratischen Republik Kongo braucht es Muskelkraft, um die entlegensten Dörfer in der Provinz Kasaï zu erreichen.

Joseph läuft der Schweiss von der Stirn, während er auf den schmutzigen Strassen in die Pedale tritt. Aber er tut dies nicht zum Spass, denn er ist einer der velofahrenden Geschäftsleute des Landes, die in der lokalen Sprache Chiluba als „bayanda" oder „starke Männer" bezeichnet werden.

Diese Kleinunternehmer sind schon früh auf den Beinen, um in den Städten und Dörfern Waren zu kaufen und zu verkaufen.

Joseph fährt jede Woche von Kananga, der grössten Stadt in der Provinz Kasaï, in das über 200 Kilometer entfernt gelegene Dorf Tshebue. Für jede Strecke benötigt er drei Tage.

"In Kananga kaufe ich z.B. Seife und Schuhe, die ich in Tshebue verkaufe", erklärt Joseph. „Dann kaufe ich in Tshebue Mais, Maniok und Bananen, die ich wieder verkaufe, wenn ich nach Kananga zurückkomme."

Ein Händler pendelt mit seinem Velo zwischen den Dörfern der Region. Foto: Jonathan Busasi, IKRK

Zur Unterstützung nimmt Joseph seine Schwester und einen jungen Helfer mit. „Wir schlafen bei jedem Wetter draussen. Manchmal essen wir nicht einmal etwas“, so Joseph. „Häufig geht etwas kaputt oder wir haben einen platten Reifen. Die Reparaturen gehen dann zu Lasten unseres Gewinns.“

Ein Geschäftszweig auf Abwegen

Aber Reparaturen sind nicht das einzige Problem. Es fehlt an einer entsprechenden Sicherheitsinfrastruktur, sodass die Händler mitunter bestohlen werden. Manche wurden sogar getötet. Die Kontrollpunkte helfen auch nicht wirklich, denn die „bayanda" müssen zunehmend Gebühren entrichten, um diese zu passieren.

Joseph und sein Team sind DREI Tage unterwegs, um von Kananga nach Tshebue zu kommen. Foto: Carol Lumingu

Deshalb geben viele dieses Geschäft auf, was die Versorgung mit Nahrungsmitteln beeinträchtigt und die Preise nach oben treibt. In Kananga kostet ein Kilo Mais mittlerweile 1 000 Kongo-Franc. Für eine bessere Einschätzung dieser Preise ist es wichtig zu wissen, dass die Menschen in der Gegend durchschnittlich 1 500 Kongo-Franc am Tag verdienen.

Der Zustrom an Menschen in die Stadt treibt die Preise noch weiter in die Höhe. Viele Vertriebene sind nach Kananga geflüchtet, als 2016 und 2017 die Gewalt in Kasaï ausbrach. Aber trotz einer Beruhigung der Lage sind nicht alle zurückgekehrt.

"Manche Familien haben Mühe, überhaupt etwas zu essen auf den Tisch zu stellen", sagt Freddy Bakulu vom IKRK. „Wir brauchen bessere Strassen, damit wir die ländlichen Gebiete an die Städte anschliessen und Orte wie Kananga besser versorgen können."

Die gewalttätigen Ausschreitungen zwischen den nationalen Sicherheitskräften und der lokalen Miliz 2016 und 2017 wurden durch ethnische Spannungen weiter verschärft, sodass die Menschen gezwungen waren, ihre Städte und Dörfer in der ehemaligen grösseren Provinz Kasaï, die aus den heutigen fünf Provinzen Kasaï-Oriental, Kasaï-Zentral, Kasaï, Sankuru und Lomami besteht, zu verlassen. In der Folge suchten viele Menschen Zuflucht in Kananga.