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Ukraine: Dringend benötigte Hilfe erreicht die Zivilbevölkerung in der Nähe von Bachmut, doch die Lage ist nach wie vor verheerend

Der internationale bewaffnete Konflikt zwischen Russland und der Ukraine hat im vergangenen Jahr zu erheblichen Vertreibungen, unzähligen Toten und Verletzten unter der Zivilbevölkerung und verheerenden Schäden an der zivilen Infrastruktur geführt. Er hat auch emotional einen hohen Tribut gefordert. Millionen Menschen mussten alles zurücklassen, um ihr Leben zu retten. Da sich die Frontlinien immer wieder verlagern, wird ein immer grösserer Teil der Zivilbevölkerung dem Schrecken des Konflikts ausgesetzt, der weitere Tote und voneinander getrennte Familien bedeutet.

Die meisten Menschen, die in der Lage waren, ihr Zuhause zu verlassen, wurden bereits evakuiert, aber für diejenigen, die bleiben, ist die Lage verheerend und die ständigen Feindseligkeiten verhindern den Zugang zu den grundlegendsten Dienstleistungen.

„Als wir evakuiert wurden, hatten wir nur die Kleidung, die wir am Leib trugen", so Tetiana, die aus Bachmut nach Kostjantyniwka geflohen ist.

Humanitäre Hilfe

Wir haben dringend benötigte humanitäre Hilfe nach Kostjantyniwka und Tschassiw Jar gebracht, zwei Orte in der Nähe von Bachmut, wo die Kämpfe seit mehreren Wochen besonders intensiv ausgetragen werden. Ein weiterer Konvoi erreichte Selydowe, eine Ortschaft in der Nähe der Frontlinie.

Als sich der Konvoi Kostjantyniwka, Tschassiw Jar und Selydowe näherte, wurde das Ausmass der Zerstörung in der Gegend deutlich. Häuser, Spitäler, Schulen und Infrastruktur wurden erheblich beschädigt. Die durch schwere explosive Geschütze verursachten Schäden an der kritischen Infrastruktur, unabhängig davon, ob direkt oder zufällig, haben das Potenzial, ganze Orte und Gemeinschaften in Verzweiflung zu stürzen und ziviles Leben zu zerstören.

„Hier leben viele ältere Menschen. Sie brauchen wirklich Hilfe, vor allem, weil sie so kleine Renten haben. Diese Hilfe ist sehr wichtig. Hygieneprodukte sind jetzt für Rentnerinnen und Rentner sehr teuer, und die Geschäfte in unserer Gegend werden nicht mehr beliefert. Wir kommen nicht mehr in die nahegelegene Stadt, weil kein Bus mehr dorthin fährt", sagte der 19-jährige Daniil, der in einem Dorf in der Nähe lebt.

Als direkte Folge der aktuellen feindlichen Handlungen steigt der humanitäre Bedarf der Zivilbevölkerung entlang der Frontlinie. Rund 10 % der Bevölkerung von Kostjantyniwka sind Binnenvertriebene aus benachbarten Dörfern, die sich vorübergehend in der Stadt niederlassen haben, während Tschassiw Jar nur noch 1 500 und Selydowe noch rund 800 Menschen zählt. Dabei handelt es sich vor allem um ältere Menschen mit eingeschränkter Mobilität bzw. Menschen mit Behinderung sowie um Zivilisten, die sich weigern, ihre Häuser zu verlassen, oder die aus den Dörfern entlang der Frontlinie vertrieben wurden.

Unser Konvoi brachte folgende Hilfsgüter nach Kostjantyniwka und in die nahegelegenen Dörfer:

  • Mehr als 1 500 Hygienesets mit wichtigen Artikeln wie Seife, Shampoo, Zahnpasta, Zahnbürsten, Damenbinden und Rasiersets.
  • 800 Solarlampen und Hunderte Decken für die Einwohner und vertriebene Personen.
  • 17 Tonnen Nahrungsmittel für Selydowe – darunter Reis, Nudeln, Konserven und andere Vorräte – sowie eine Tonne Hygieneartikel. Die lokalen Behörden schätzen, dass die Nahrungsmittelvorräte ausreichen werden, um die dort verbliebene Zivilbevölkerung einen Monat lang zu ernähren.
  • 6 000 Liter Trinkwasser für Tschassiw Jar; die lokalen Behörden erwarten, dass die Menschen dort zehn Tage lang versorgt sein werden.

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IKRK

Wir unterstützen humanitäre Zentren in Kostjantyniwka und Tschassiw Jar, wo sich Vertriebene aus Bachmut und anderen Städten entlang der Frontlinie aufhalten, bevor sie ihre Reise in sicherere Gebiete fortsetzen. Seit September werden diese Zentren mit Lebensmittelpaketen, Hygienesets, Wassertanks, Heizmaterial und Generatoren versorgt, um sicherzustellen, dass sie die Menschen, die aus den Gebieten entlang der sich verändernden Frontlinie fliehen, angemessen aufnehmen können.

IKRK

Wir sind hinsichtlich der Lage in Bachmut und in den benachbarten Orten entlang der Frontlinie sowie des umfassenden zivilen Leids infolge der ständigen militärischen Feindseligkeiten zutiefst besorgt.

„Es ist eine wirklich schwierige Situation hier, es ist laut und beängstigend. Gestern flog eine Rakete über unsere Köpfe hinweg. Wir leben nicht, wir überleben", sagte Nikolai, ein Bewohner von Werolybiwka.

Aufruf zur Wahrung des humanitären Völkerrechts

Wir fordern die Kriegsparteien auf, das humanitäre Völkerrecht zu wahren, indem sie insbesondere humanitäre Hilfe zulassen und sicherstellen, dass die unter ihrer Kontrolle stehenden Zivilpersonen Zugang zu Unterstützung haben und dass diejenigen, die nicht an Kampfhandlungen beteiligt sind, vor gezielten Angriffen geschützt werden, unabhängig davon, wo sie sich aufhalten.

Angriffe dürfen sich nicht gegen die Zivilbevölkerung richten. Menschen, die sich nicht an Kampfhandlungen beteiligen, sind durch die Genfer Abkommen und ihre Zusatzprotokolle geschützt. Die Konfliktparteien müssen berücksichtigen, wie sich die feindlichen Handlungen auf die Zivilbevölkerung auswirken.

Darüber hinaus können Angriffe auf besiedelte Gebiete, einschliesslich durch den wahllosen Einsatz von Minen oder Streumunition, die Zerstörung der natürlichen Umgebung und Schäden an der Infrastruktur, eine dauerhafte Bedrohung für die Zivilbevölkerung darstellen. Die Konfliktparteien müssen alle erdenklichen Vorkehrungen treffen, um Schäden für die Zivilbevölkerung zu minimieren.