Humanitäres Völkerrecht und Richtlinien über

Geschützte Personen: Zivilisten

In den letzten 60 Jahren war die Zivilbevölkerung das Hauptopfer in Kriegen. Der Schutz von Zivilpersonen und ihrem Eigentum während eines bewaffneten Konflikts ist daher ein Eckpfeiler des humanitären Völkerrechts (HVR). Dieses bietet überdies zusätzlichen Schutz für besonders gefährdete Gruppen von Zivilpersonen, darunter Frauen, Kinder und Vertriebene.

Internally displaced people have taken refuge in a school used as a makeshift camp in Kanyaruchinya, Congo.

Die Zivilbevölkerung im humanitären Völkerrecht

Während des Zweiten Weltkrieges und in zahlreichen späteren Konflikten war die Zivilbevölkerung das Hauptopfer des Krieges. Zwar litten die Menschen in Kriegszeiten schon immer, aber die brutalen Folgen des Zweiten Weltkriegs, darunter Massenvernichtung, unterschiedslose Angriffe, Deportationen, Geiselnahmen, Plünderungen und Internierungen forderten einen hohen Tribut in der Zivilbevölkerung. Darauf reagierte die Völkergemeinschaft mit dem Vierten Genfer Abkommen, das 1949 verabschiedet wurde. 

Vor 1949 schützten die Genfer Abkommen verwundete, kranke, schiffbrüchige und gefangen genommene Kombattantinnen und Kombattanten. Das Abkommen über die Zivilbevölkerung anerkannte die Veränderungen in der Art und Weise, wie Kriege geführt wurden, und es schuf einen Rechtsschutz für alle, die nicht Teil der Streitkräfte oder von bewaffneten Gruppen sind. Dieser Schutz gilt auch für zivile Besitztümer. Das Vierte Genfer Abkommen wurde 1977 durch zwei Zusatzprotokolle noch weiter gestärkt. 

Das HVR schreibt vor, dass Zivilpersonen, die sich in der Gewalt feindlicher Kräfte befinden, unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt werden müssen, ohne jegliche Diskriminierung. Sie müssen vor allen Formen der Gewalt und erniedrigenden Behandlung, inklusive Folter und Ermordung, geschützt werden. Wenn sie gerichtlich verfolgt werden, haben Zivilpersonen ausserdem Anrecht auf ein faires Verfahren, bei dem alle grundlegenden Rechtsgarantien eingehalten werden. 

Der Schutz der Zivilbevölkerung erstreckt sich auch auf diejenigen, die sich darum bemühen, Zivilpersonen zu helfen. Dazu gehören insbesondere Sanitätspersonal sowie humanitäre Organisationen und Hilfswerke, die lebensnotwendige Güter wie Lebensmittel, Kleidung und medizinische Güter bereitstellen. Die kriegführenden Parteien müssen diesen Organisationen den Zugang zur Zivilbevölkerung gewähren. Das Vierte Genfer Abkommen und das erste Zusatzprotokoll dazu verlangen insbesondere, dass die Kriegsparteien die Arbeit des IKRK erleichtern. 

Das humanitäre Völkerrecht schützt alle Zivilpersonen ohne Unterschied. Einige Gruppen werden jedoch zusätzlich speziell erwähnt. In Kriegszeiten sind Frauen und Kinder, ältere und kranke Menschen besonders verletzlich. Ebenfalls stark gefährdet sind Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen und zu Binnenvertriebenen oder Flüchtlingen werden. Das humanitäre Völkerrecht verbietet Zwangsvertreibungen durch Einschüchterung, Gewalt oder Aushungern. 

In bewaffneten Konflikten werden Familien häufig auseinandergerissen. Die Staaten müssen alle angemessenen Schritte einleiten, um eine Trennung von Familienmitgliedern zu verhindern, und sie müssen Massnahmen ergreifen, um den Kontakt zwischen den Familienangehörigen wiederherzustellen, indem sie Informationen bereitstellen und Nachforschungen unterstützen. 

Die Genfer Abkommen und ihre Zusatzprotokolle legen einen umfassenden Schutz der Zivilbevölkerung fest. Das Problem in den letzten 50 Jahren war jedoch die Umsetzung dieser Schutzbestimmungen. Weder die Staaten noch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen kommen ihren entsprechenden Verpflichtungen angemessen nach. Die Zivilbevölkerung leidet weiterhin in fast jedem bewaffneten Konflikt in unermesslichem Ausmass. 

In einigen Konflikten wurden Zivilpersonen gar gezielt angegriffen und schreckliche Gräueltaten an ihnen verübt. Das ist eine Missachtung der wichtigsten Grundlage der Genfer Abkommen: des Respekts für das menschliche Leben. Dies ist der Grund, weshalb wir die Staaten immer wieder dazu drängen, die Grundsätze des humanitären Völkerrechts, insbesondere den Schutz der Zivilpersonen, einzuhalten bzw. für ihre Einhaltung zu sorgen.