Völkergewohnheitsrecht

Das Völkergewohnheitsrecht besteht aus Regeln, die aus einer „als Recht anerkannten allgemeinen Praxis“ stammen und unabhängig vom Vertragsrecht existieren. Das Völkergewohnheitsrecht ist in den heutigen bewaffneten Konflikten von entscheidender Bedeutung, weil es die vom Vertragsrecht hinterlassenen Lücken füllt und so den Schutz der Opfer stärkt.

Two men standing with their hands raised up as another man points a weapon at them and two others look on

Was ist das Völkergewohn-heitsrecht?

Sowohl Vertragsrecht als auch Völkergewohnheitsrecht sind Quellen des Völkerrechts. Verträge wie die vier Genfer Abkommen von 1949 sind schriftliche Abkommen, in denen die Staaten bestimmte Regeln formell festhalten. Verträge sind nur für jene Staaten bindend, die sich, im Allgemeinen durch eine Ratifizierung, damit einverstanden erklärt haben. Völkergewohnheitsrecht auf der anderen Seite leitet sich aus einer „als Recht anerkannten allgemeinen Praxis“ ab. Eine solche Praxis ist in offiziellen Berichten über Militäroperationen zu finden, widerspiegelt sich aber auch in verschiedenen anderen offiziellen Dokumenten, darunter Militärhandbüchern, nationalen Gesetzgebungen und Fallrecht. Die Anforderung, dass die Praxis „als Recht anerkannt“ ist, wird oft als opinio juris bezeichnet. Diese Eigenschaft hebt gesetzlich verlangte Praktiken von solchen ab, die zum Beispiel aus politischen Gründen verfolgt werden.

Weshalb ist Völkergewohn-heitsrecht bindend?

Staaten anerkennen, dass Verträge und Völkergewohnheitsrecht Quellen des Völkerrechts und als solche bindend sind. Diese Anerkennung ist zum Beispiel in den Statuten des Internationalen Gerichtshofs verankert. Eine Illustration des bindenden Charakters von Völkergewohnheitsrecht ist seine Anwendung durch nationale und internationale Gerichte und Tribunale.

Wer ist an das Völkergewohn-heitsrecht gebunden?

Im Allgemeinen regelt Völkerrecht die Beziehungen zwischen Staaten und ist deshalb für diese bindend. Dies gilt auch für vertragliches HVR und Völkergewohnheitsrecht, da es bewaffnete Konflikte zwischen Staaten regelt. Eine Besonderheit des HVR besteht jedoch darin, dass einige seiner Bestimmungen sich auf bewaffnete Konflikte zwischen einem Staat und einer bewaffneten Oppositionsgruppe oder zwischen solchen Gruppen beziehen. Die Bestimmungen, die solche Konflikte regeln, gelten für alle Parteien, seien sie nun Staaten oder bewaffnete Oppositionsgruppen. Die Analyse der Staatenpraxis zeigt, dass zahlreiche Bestimmungen des Völkergewohnheitsrechts, die für interne bewaffnete Konflikte gelten, sowohl für Staaten als auch für bewaffnete Oppositionsgruppen bindend sind.