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COVID-19: So hilft das IKRK im Irak

Der erste Fall von COVID-19 wurde im Irak am 24. Februar 2020 offiziell bestätigt, und da die Zahlen im Land weiter steigen, ergreifen die Behörden immer strengere Massnahmen, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Während diese wichtigen Massnahmen dazu beitragen, die Krankheit einzudämmen, verursachen sie auch gravierende zusätzliche Probleme für eine Bevölkerung, die unter einem seit Jahrzehnten andauernden Konflikt, wirtschaftlicher Not und politischer Unsicherheit leidet.

Angesichts der anhaltenden Krise ist das IKRK einerseits bemüht sicherzustellen, dass seine bestehenden humanitären Programme mittel- und langfristig nicht gefährdet sind, und andererseits die Massnahmen anzupassen, um auf die neu hinzukommenden gesundheitlichen und übrigen Bedürfnisse und Probleme zu reagieren. In der Zwischenzeit passen wir unsere Unterstützung an die Irakische Rothalbmondgesellschaft (IRCS) an, die im Rahmen der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung die Führung innehat, wenn es darum geht, die Hilfe der Regierung in der Gesundheitskrise zu ergänzen.

Ein bereits schwaches Gesundheitssystem unter grossem Druck

Unsere Teams liefern den primären Gesundheitsversorgungszentren Schinafiya und Hilal im Süden des Landes persönliche Schutzausrüstung und Desinfektionsmaterial.

Um sicherzustellen, dass die Gesundheitseinrichtungen, die das IKRK im ganzen Land unterstützt, ihre essentiellen Funktionen weiterhin erfüllen können und gleichzeitig die Risiken einer Ansteckung für die Patienten und das Personal möglichst gering zu halten, haben wir Folgendes veranlasst:

  • Weiterführung unserer üblichen Programme, darunter monatliche Medikamentenlieferung an 18 primäre Gesundheitsversorgungszentren und zwei Spitäler.
  • Lieferung von Seife und Desinfektionsmittel, persönlicher Schutzausrüstung (wie Handschuhe, Schürzen und Schutzbrillen) sowie kontaktlosen Infrarot-Thermometern an diese 18 Zentren und zwei Spitäler sowie an 15 physische Rehabilitationszentren.
  • Durchführung von COVID-19-Sensibilisierungs- und Präventionsveranstaltungen für rund 500 Mitarbeitende in neun Gesundheitsversorgungszentren und einem Spital.
  • Installation von 10 Händewaschstationen an strategischen Orten, insbesondere bei den Haupteingängen, in sieben Gesundheitsversorgungszentren und Installation von 23 zusätzlichen Händewaschstationen in zwölf Gesundheitsversorgungszentren, einem Spital und zwei Rehabilitationszentren.

Bei COVID-19-Ausbruch in Gefängnissen sind Tausende von Häftlingen gefährdet

Wir haben 27 Haftanstalten mit insgesamt 45 000 Insassen mit Material zur Infektionsprävention unterstützt. Hier liefern unsere Teams der Haftanstalt in Krikuk verschiedene Güter.

Häftlinge sind eine besonders gefährdete Bevölkerungsgruppe, insbesondere in Anstalten, die überfüllt bzw. in denen die Hygiene und die Belüftung dürftig sind. In nationalen Notsituationen gehen sie häufig vergessen. Deshalb hat das IKRK folgende Massnahmen ergriffen:

  • Beratung mit Blick auf die Vorsorge und die Abwehr im Rahmen des bestehenden Dialogs mit den Gefängnisbehörden auf der Grundlage seiner langjährigen Erfahrung im Umgang mit ansteckenden Krankheiten in Haftanstalten.
  • Weitere Unterstützung an sechs Gefängniskliniken, in denen Projekte zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Häftlingen laufen, die gemeinsam vom IKRK, dem Gesundheitsministerium und den irakischen Strafvollzugsbehörden umgesetzt werden.
  • Unterstützung von 27 Haftanstalten unter der Kontrolle der Verteidigungs-, Innen- und Justizministerien mit insgesamt 45 000 Insassen durch die Bereitstellung von Seife und Desinfektionsmittel, persönlicher Schutzausrüstung (wie Handschuhe, Schürzen und Schutzbrillen) sowie kontaktlosen Infrarot-Thermometern.
  • Spende von Sprühgeräten, Chlor zur Desinfektion und Material für die Installation von Händewaschstationen bei den Haupt- und Gebäudeeingängen.

Familien sorgen sich um das Wohl ihrer Angehörigen

Eine IKRK-Kollegin in Basra übermittelt während der COVID-19-Pandemie Nachrichten an die Familien von Häftlingen.

Nachdem in sämtlichen Haftanstalten im Irak Besuchsverbote verhängt wurden, informieren IKRK-Teams Angehörige im ganzen Land per Telefon über die von den Gefängnisbehörden ergriffenen gesundheitlichen Vorsichtsmassnahmen.
Zudem haben wir an Patienten, die sich aufgrund von COVID-19 in Isolation befinden, sowie an Gesundheitspersonal, das sich um sie kümmert, Telefonguthaben verteilt, damit sie mit ihren Angehörigen in Kontakt bleiben können.

Mangel an sauberem Wasser für Vertriebene und Rückkehrer

Ein Patient wäscht sich am Eingang eines primären Gesundheitsversorgungszentrums in Chanaqin an einem vom IKRK installierten Waschbecken mit Wassertank die Hände.

Im Rahmen seiner humanitären Hilfe ist das IKRK bemüht, den Zugang zu sauberem Wasser für Haushalt und Grundversorgung zu verbessern und hat dieses Jahr bereits drei Wasserversorgungssysteme saniert, die beinahe 19 000 Menschen zugutekommen. Wir sind ausserdem dabei, zwei zusätzliche Wasserversorgungssysteme für 20 000 Personen aufzurüsten. So können die sanitären Bedingungen verbessert werden, wodurch die Widerstandsfähigkeit dieser Bevölkerungsgruppen angesichts der Bedrohung durch COVID-19 gestärkt wird.

Beitrag der IRCS zu Sensibilisierung und Prävention

Seit Beginn der Pandemie organisieren Mitarbeitende und freiwillige Helfer der IRCS regelmässig Sensibilisierungsveranstaltungen und verbreiten die vorbeugenden Massnahmen im Land, einschliesslich bei besonders anfälligen, vertriebenen Bevölkerungsgruppen. Die wichtigsten Botschaften wurden durch die Verteilung von Flugblättern und Plakaten sowie über Lautsprecher an das Zielpublikum herangetragen. Die IRCS unterstützt zudem hilfsbedürftige Familien, die durch die anhaltende Ausgangssperre in Not geraten sind, mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln.
Das IKRK beteiligt sich am IRCS-Krisenstab und liefert technischen Input zum COVID-19-Notfallplan. Es hat zudem geplante Programmgelder für 2020 neu zugewiesen, um die IRCS in Absprache mit anderen Partnern der Bewegung bei ihren COVID-19-Massnahmen zu unterstützen. Darüber hinaus unterstützte das IKRK die IRCS bei der Gestaltung der Sensibilisierungskampagne in den sozialen Medien, der Formulierung der entsprechenden Inhalte sowie der Erstellung des Bildmaterials. Es stellte ausserdem die erforderlichen Mittel für den Druck und andere Kosten bereit.

Blick in die Zukunft: Existenzgrundlage auf dem Spiel

Längerfristig dürften die Bewegungsbeschränkungen und andere Massnahmen, die zur Eindämmung der Pandemie ergriffen wurden, schwerwiegende wirtschaftliche Konsequenzen haben. Am stärksten davon betroffen sind Menschen, die bereits vorher in prekären Verhältnissen lebten, wie alleinerziehende Mütter, Menschen mit Behinderung, Binnenvertriebene und Rückkehrer, die das IKRK im Rahmen seines traditionellen Programms für wirtschaftliche Sicherheit besonders berücksichtigt. Das IKRK plant deshalb, seine Unterstützung an frühere Hilfsempfänger zu verstärken, damit sie ihr Land bebauen oder einen Kleinbetrieb aufbauen können. Es sucht zudem nach Möglichkeiten, um anderen hilfsbedürftigen Bevölkerungsgruppen, denen bereits in der Vergangenheit geholfen wurde und die nicht von der Regierung unterstützt werden, zusätzlich unter die Arme zu greifen.