Humanitäres Völkerrecht und Richtlinien über

Einhaltung des HVR

Staaten und andere Parteien von bewaffneten Konflikten sind verpflichtet, das HVR „unter allen Umständen einzuhalten und seine Einhaltung durchzusetzen“ (gemeinsamer Art. 1 der Genfer Abkommen). Sie müssen ihren Einfluss geltend machen, um Verstösse gegen das HVR zu verhindern und zu beenden und dürfen andere Parteien nicht zu Verstössen animieren.

ICRC handbook on international humanitarian law

Einhaltung des HVR

Alle Staaten und anderen Parteien von bewaffneten Konflikten sind verpflichtet, das humanitäre Völkerrecht (HVR) unter allen Umständen einzuhalten und seine Einhaltung durchzusetzen. Sie müssen ihren Einfluss geltend machen, um Verstösse gegen das HVR zu verhindern und zu beenden und dürfen andere Parteien nicht zu Verstössen animieren. 

Weiterhin sind viele Teile der Welt von bewaffneten Konflikten betroffen, die Zerstörung mit sich bringen und das Leben und die Würde von Menschen zerstören. Bei den meisten handelt es sich um interne Konflikte, bei denen schwere Verstösse gegen das HVR begangen werden. Die meisten Opfer sind Zivilpersonen. Sie werden vertrieben, verletzt und getötet. 

Allzu oft werden Zivilpersonen zur Zielscheibe, sie werden als Schutzschilder missbraucht und ihre Existenzgrundlage – Wasser, Essen und Unterkunft – wird zerstört. Frauen, Kinder und andere vulnerable Gruppen leiden am meisten. 

Diese Fakten zeigen deutlich, dass das HVR strenger und wirkungsvoller umgesetzt werden muss, um das Leben und die Würde von Menschen zu schützen. Die Verantwortung dafür tragen sämtliche Staaten und anderen Parteien von bewaffneten Konflikten. 

Das IKRK ist überzeugt, dass die Einhaltung und die wirkungsvolle Umsetzung des HVR in den heutigen bewaffneten Konflikten zentral sind, seien es traditionelle zwischenstaatliche Kriege oder interne bewaffnete Konflikte, die immer zahlreicher werden. 

Es mangelt nicht an Regeln zur Kriegsführung im Hinblick auf den Schutz des Lebens und der Würde von Menschen in diesen Situationen, das Problem ist vielmehr ein Scheitern bei deren Durchsetzung. 

Aus diesem Grund arbeitet das IKRK permanent daran, eine bessere Rechtskonformität zu erreichen, angefangen bei der wichtigsten Pflicht aller Staaten und anderen Parteien bewaffneter Konflikte gemäss Artikel 1 der Genfer Abkommen, das HVR einzuhalten und seine Einhaltung durchzusetzen.

Verstösse können individuell oder kollektiv durch multilaterale Mechanismen und internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen verhindert werden. 

Das IKRK wünscht sich vor allem eine Umkehr des Trends, dass Konfliktparteien in ihrer Gewalt stehenden Menschen die grundlegendsten Schutzgarantien verweigern. 

Diese grundlegenden Garantien sind in Vertrags- und Völkergewohnheitsrecht verankert und unverzichtbar. Jede Person, die sich in der Gewalt einer an einem bewaffneten Konflikt beteiligten Partei befindet, hat das Recht, mit Menschlichkeit behandelt zu werden, ohne jede Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der Herkunft oder des sozialen Status. 

Diese grundlegenden Garantien verbieten Handlungen wie Folter, erniedrigende Behandlung, kollektive Bestrafungen, sexuelle Gewalt, Verschwinden, Versklavung, Geiselnahme und unfaire Prozesse. 

Das IKRK wünscht sich auch eine bessere Einhaltung des Grundsatzes der Unterscheidung zwischen Zivilpersonen und Kämpferinnen/Kämpfern und des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit bei der Durchführung von Kampfhandlungen. 

Unterschiedslose Angriffe sind gemäss HVR verboten. Die Mittel und Methoden der Kriegsführung sind begrenzt und sollten keinen unverhältnismässigen Schaden anrichten. Dies schränkt den Einsatz bestimmter Waffen und Taktiken ein. 

Der unbeabsichtigte Verlust von zivilen Menschenleben, die Verletzung von Zivilpersonen und die Zerstörung ziviler Objekte darf gegenüber dem direkten militärischen Vorteil, der sich aus einem Angriff ergibt, nicht unverhältnismässig sein. 

Die Einschüchterung von Zivilpersonen oder deren Verwendung als Schutzschilder ist eindeutig unrechtmässig. 

Diese Punkte wurden in einer vom IKRK vorbereiteten und im November 2007 von der Internationalen Konferenz des Roten Kreuzes und Roten Halbmonds angenommenen Resolution entschieden bekräftigt. 

Die Resolution unterstrich die Pflicht der Staaten, alle gesetzgebenden, regulatorischen und praktischen Massnahmen zu ergreifen, um HVR in nationales Recht und nationale Rechtspraxis aufzunehmen. Auch eine angemessene Ausbildung jener, die HVR durchzusetzen haben, ist wichtig. Das IKRK unterstützt die Staaten bei diesen Bemühungen. 

Das IKRK fordert die Staaten auch dazu auf, der Straflosigkeit ein Ende zu setzen, die weder der Gerechtigkeit noch der Versöhnung nach einem Konflikt zuträglich ist. Die Staaten müssen einen nationalen Rechtsrahmen schaffen, um gegen Kriegsverbrechen zu ermitteln und sie zu verfolgen und eine Auslieferung der Tatverdächtigen zu bewirken. Solche Rechtsrahmen müssen wirkungsvolle und abschreckende Sanktionen sowie angemessene Wiedergutmachungen für Opfer enthalten.