Artikel

Nigeria: Beinprothese unterstützt Heilung nach Bombenanschlag in der Schule

Musa war ein lebensfroher 14-jähriger Schüler und begeisterter Fussballspieler, als eines Tages ein Junge mit einer Tasche seine Schule betrat – obwohl Taschen in der Schule verboten waren.

„Immer wieder fragten wir ihn, weshalb er eine Tasche bei sich trug", erinnert sich Musa. „Dann hörten wir einen Piepton, aber wir dachten, es sei sein Telefon."

In der Tasche war eine Bombe versteckt. Es gab eine riesige Explosion, bei der zwei Dutzend Kinder getötet und mehr als 40 verletzt wurden.

Alhaji Musa, der Vater von Musa, lebte damals in den Mitarbeiterunterkünften in der Nähe der Schule und hörte, wie die Bombe explodierte.

„Ich rannte zur Schule und sah überall Tote, alle rannten verwirrt umher. Ich begann, nach meinem Sohn zu suchen", erzählt er bei der Erinnerung an den Anschlag im November 2014. „Schliesslich fand ich Musa auf der Notfallstation des Allgemeinspitals in Potiskum."

Musa hatte durch die Explosion sein linkes Bein verloren. Dem fussballbegeisterten Teenager stand nun ein zermürbender Heilungsprozess bevor.

Ein Hoffnungsschimmer

Drei Tage nach dem Anschlag erfuhr Musas Familie von einem Programm des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), durch das Gewaltbetroffene kostenlos eine Prothese erhalten konnten.

Drei Monate später wurde für Musa im nationalen Orthopädie-Spital Dala-Kano in Kano eine Beinprothese angefertigt. Er war damals der jüngste Betroffene im Programm. Das orthopädische Fachpersonal brachte ihm bei, wie er mit der neuen Prothese umgehen musste.

Das Orthopädie-Fachteam kümmert sich jede Woche um durchschnittlich vier bis fünf Begünstigte. CC BY-NC-ND / IKRK / Adewole Ajao

„Für ihn war es leicht, sich daran zu gewöhnen", meint sein Vater. „Nachdem er aus dem Spital entlassen worden war, benutzte er eine Zeit lang einen Stock, aber schon bald konnte er ohne weitere Hilfe laufen."

Jacques Forget, Orthopädietechniker des IKRK und Leiter des Projektes in Dala-Kano, berichtet, dass seit August 2016 mehr als 180 Personen mit Prothesen ausgestattet worden sind.

„Wir arbeiten nur mit Amputierten, die von den IKRK-Gesundheitsverantwortlichen in Adamawa, Borno und Damaturu an uns überwiesen werden. So behalten wir die Situation im Griff, denn sonst gäbe es eine riesige Nachfrage nach orthopädischen Hilfsmitteln", erklärt Forget.

Er arbeitet derzeit mit sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des nationalen Orthopädie-Spitals und einer Person des IKRK. Sein Team ist kompetent, doch er möchte ihre Fähigkeiten noch verbessern.

„Die Erweiterung des technischen Know-hows der Mitarbeitenden umfasst für mich nicht nur die Ausbildung in der Herstellung der Prothesen und ihrer Anpassung bei den Amputierten, sondern es geht auch darum, ihnen zu helfen, die Patientinnen und Patienten als „Begünstigte" zu sehen –, eine Einstellung, bei der sie die Betroffenen aus einer persönlicheren Perspektive heraus betrachten", berichtet Forget.

„Ich rate ihnen häufig, die Amputierten zu behandeln, als ob es sich um ihren Vater, ihre Mutter oder ihren Bruder handeln würde."

Blick in die Zukunft

Musa ist inzwischen 16 Jahre alt und träumt davon, seine Ausbildung an der Universität von Maiduguri oder an der Staatlichen Universität von Gusau abzuschliessen.

„Er ist jung und manchmal spürt er das Trauma noch immer. Er hat ab und zu Wutausbrüche, aber zu anderen Zeiten ist er zu allen freundlich", sagt Musas Vater Alhaji Musa. „Ich habe ein dreirädriges Fahrrad für ihn organisiert und er kann sehr gut damit fahren."

Alhaji Musa empfindet tiefe Dankbarkeit für die Hilfe, die sein Sohn erhalten hat. Das IKRK plant, mehr Gewaltbetroffenen zu helfen und dazu ein orthopädisches Zentrum in Maiduguri im Bundesstaat Borno – dem Kerngebiet des bewaffneten Konfliktes im Nordosten Nigerias – zu eröffnen.

Fussball zu spielen ist für Musa nun schwieriger, aber er ist ein grosser Fan des Teams von Barcelona und pflegt seine Begeisterung für den Sport auf diesem Weg weiter.

„Meine Lieblingsspieler sind Messi und Neymar", meint er schüchtern.