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COVID-19: Schutz Inhaftierter vor übertragbarer Krankheit

Ein Ausbruch von COVID-19 in einem Gefängnis könnte für die Inhaftierten verheerend sein, insbesondere in einem überfüllten Gefängnis, wo es um die Gesundheit insgesamt nicht besonders gut bestellt ist.

Elena Leclerc, Koordinatorin des Programms zur Gesundheitsversorgung von Häftlingen für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, berichtet über die Probleme, die sie in den über 50 Ländern, in denen das IKRK Unterstützungs- und Monitoring-Projekte in Gefängnissen durchführt, im Auge behalten muss.

Weshalb sind Inhaftierte im Zusammenhang mit übertragbaren Krankheiten wie COVID-19 so stark gefährdet?

Menschen in Gefängnissen stammen oft aus einem instabilen sozioökonomischen Umfeld. Sie hatten möglicherweise auch vor ihrer Haft nur beschränkten Zugang zu Gesundheitsversorgung. Ihre Gesundheit ist unter Umständen weniger gut als jene der Gesamtbevölkerung.

Die Bedingungen in der Haft können ihren Zustand dann verschlechtern: beschränkter Zugang zu Gesundheitsversorgung, womöglich Mangelernährung und vor allem überfüllte Gefängnisse, in denen das Risiko der Übertragung von Krankheiten aufgrund der gegenseitigen Nähe grösser ist.

Trifft es zu, dass die Gesundheitssysteme in Haftanstalten nicht besonders gut sind?

In vielen Ländern ist das Gesundheitssystem in Haftanstalten im Vergleich zur Versorgung ausserhalb weniger gut. Ist ein Gefängnis von COVID-19 betroffen, wird die Nachfrage nach medizinischer Versorgung für diese besonders gefährdeten Menschen sehr hoch sein und das Gesundheitssystem des Gefängnisses wird nicht über die erforderliche Kapazität, die medizinische Ausstattung und insbesondere das Personal verfügen, um dem Bedarf gerecht zu werden.

Ist eine übertragbare Krankheit in einem Gefängnis ansteckender als ausserhalb?

Das Virus, das COVID-19 verursacht, scheint sich sehr schnell auszubreiten. Die Übertragungsrate ist innerhalb von Gefängnissen, die häufig über eine ungenügende Belüftung und schlechtere Gesundheitssysteme verfügen und überfüllt sind, höher als ausserhalb.

Und deshalb konzentriert sich das IKRK darauf, Ansteckungen in Gefängnissen zu verhindern?

Gelangt ein Virus in ein Gefängnis, ist es dort sehr schwer einzudämmen. Gefängnisse sind hinsichtlich übertragbarer Krankheiten nicht von der Gesellschaft abgeschottet, da Mitarbeitende sowie Besucherinnen und Besucher dort ein- und ausgehen und neue Inhaftierte hinzukommen. Es besteht ein konstanter Austausch mit der Gesellschaft.

Wenn eine Person in einem überfüllten Gefängnis an COVID-19 erkrankt, wird sie womöglich hunderte anderer Menschen anstecken. Inhaftierte haben in manchen Fällen bereits ein geschwächtes Immunsystem aufgrund von Tuberkulose, HIV/AIDS oder anderen chronischen Krankheiten wie Diabetes. Dies bedeutet, dass die Sterblichkeitsrate bei den Gefangenen höher ist.

Was unternimmt das IKRK, um die Gefängnisse in Gesundheitsbelangen zu unterstützen?

Das IKRK arbeitet mit den Behörden in rund 50 Ländern zusammen, um die medizinische Untersuchung von neuen Häftlingen zu verbessern und Präventionsmassnahmen – wie Handwaschstationen – für Inhaftierte, Besucherinnen und Besucher, Wächterinnen und Wächter sowie Lieferpersonal einzuführen.

Wir wissen aus Erfahrung, dass Hygienemassnahmen funktionieren, denn sie haben verhindert, dass Ebola Guinea, Liberia und die Demokratische Republik Kongo – und die Cholera die Demokratische Republik Kongo – erreicht haben. In einigen Gefängnissen stellen wir medizinische Grundversorgung bereit. Wir führen Programme zu Mangelernährung durch, da die Ernährung sich stark auf die Gesundheit auswirkt. Zudem unterstützen wir Krankenstationen in Gefängnissen.

Auf den Twitter-Kanälen @IKRK und @IFRC halten wir Sie über die Situation im Zusammenhang mit dem Coronavirus auf dem Laufenden. Informieren Sie sich darüber, wie Sie sich am besten schützen.